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Die Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung: Herausforderungen und Chancen

Thorsten Staufer 5. April 2024

Die Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung: Herausforderungen und Chancen

Voraussichtliche Lesedauer: 5 Minuten

Einleitung

Die Digitalisierung ist eine der wichtigsten Veränderungen unserer Zeit, die alle Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft betrifft. Die öffentliche Verwaltung ist dabei sowohl ein Treiber als auch ein Nutznießer der digitalen Transformation. Eine moderne, effiziente und bürgerfreundliche Verwaltung kann einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft eines Landes leisten. Doch wie steht es um die Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung? Wo liegen die Herausforderungen und wo die Chancen? Und wie schneidet Deutschland im internationalen Vergleich ab?

Die Herausforderungen der Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung

Die Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung ist kein einfaches Unterfangen. Sie erfordert nicht nur technische, sondern auch organisatorische, rechtliche und kulturelle Anpassungen. Zu den größten Herausforderungen gehören:

  • Die föderale Struktur Deutschlands, die zu einer Fragmentierung und Inkompatibilität der digitalen Angebote und Prozesse auf verschiedenen Ebenen und zwischen verschiedenen Behörden führt. Ein Beispiel dafür ist das Onlinezugangsgesetz (OZG), das bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen online verfügbar machen soll. Die Umsetzung des OZG ist jedoch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und hängt von der Kooperation und dem Engagement der jeweiligen Akteure ab.
  • Der Mangel an digitalen Kompetenzen und Ressourcen in der öffentlichen Verwaltung, der die Entwicklung und Einführung innovativer Lösungen erschwert. Laut einer Studie des Bitkom aus dem Jahr 2020 fehlen in der deutschen öffentlichen Verwaltung rund 90.000 IT-Fachkräfte. Zudem gibt es oft keine klaren Zuständigkeiten, Strategien und Budgets für die Digitalisierung. Die Folge ist, dass viele Projekte zu langsam, zu teuer oder zu schlecht umgesetzt werden.
  • Die geringe Akzeptanz und Nutzung der digitalen Angebote und Dienste sowohl von den Bürgerinnen und Bürgern als auch von den Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung. Dies liegt zum einen an der mangelnden Qualität, Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit der digitalen Lösungen, zum anderen an der fehlenden Vertrauensbildung und Kommunikation. Viele Menschen sind noch skeptisch oder uninformiert über die Vorteile und Möglichkeiten der Digitalisierung und bevorzugen den persönlichen Kontakt oder den Papierweg.

Der internationale Vergleich: Wo Deutschland aufholen muss

Wie schneidet Deutschland im internationalen Vergleich ab, wenn es um die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung geht? Die Antwort ist: nicht besonders gut. Laut dem E-Government Development Index (EGDI) der Vereinten Nationen, der die Leistungsfähigkeit der digitalen Verwaltung in 193 Ländern misst, belegt Deutschland im Jahr 2020 nur den 25. Platz, hinter Ländern wie Estland, Südkorea, Dänemark oder Frankreich. Besonders schlecht schneidet Deutschland bei der Online-Partizipation der Bürgerinnen und Bürger ab, wo es nur den 44. Platz belegt.

Ein Blick auf die Best Practices anderer Länder zeigt, wo Deutschland noch viel lernen und verbessern kann. Zum Beispiel:

  • Estland gilt als Vorreiter in Sachen digitaler Verwaltung. Das kleine baltische Land hat eine zentrale digitale Identität für alle Bürgerinnen und Bürger eingeführt, die es ihnen ermöglicht, fast alle Verwaltungsleistungen online zu erledigen, von der Steuererklärung über die Gesundheitsakte bis hin zur Wahl. Zudem hat Estland eine offene und transparente Datenplattform geschaffen, die den Austausch und die Nutzung von Daten zwischen verschiedenen Behörden und Institutionen erleichtert.
  • Südkorea ist ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung. Das asiatische Land hat eine Reihe von innovativen Lösungen entwickelt, um die Effizienz, die Qualität und die Bürgernähe der Verwaltung zu erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel eine künstliche Intelligenz-basierte Chatbot-Plattform, die rund um die Uhr Anfragen und Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet, oder eine Blockchain-basierte Plattform, die die Ausstellung und Verifizierung von Zertifikaten und Dokumenten vereinfacht.
  • Dänemark ist ein weiteres Land, das in Sachen digitaler Verwaltung eine Vorreiterrolle einnimmt. Das skandinavische Land hat eine digitale Agenda verabschiedet, die die Digitalisierung als einen strategischen Faktor für die Modernisierung und Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen betrachtet. Dänemark hat unter anderem eine digitale Postbox für alle Bürgerinnen und Bürger eingeführt, die den papierlosen und sicheren Austausch von Informationen und Dokumenten mit der Verwaltung ermöglicht, oder eine digitale Signatur, die die Authentifizierung und die elektronische Unterschrift von Verträgen und Anträgen erleichtert.

Die Chancen der Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung: Wie sie den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken kann

Die Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung ist nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine große Chance, die viele Vorteile und Potenziale für den Wirtschaftsstandort Deutschland bietet. Eine digitale Verwaltung kann:

  • Die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der deutschen Wirtschaft fördern, indem sie die Bürokratie abbaut, die Verwaltungsprozesse beschleunigt und vereinfacht, die Transparenz und Rechtssicherheit erhöht und die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer zwischen verschiedenen Akteuren verbessert.
  • Die Lebensqualität und Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger steigern, indem sie ihnen einen besseren Zugang zu Informationen und Dienstleistungen bietet, ihre Teilhabe und Mitbestimmung an politischen Prozessen erhöht, ihre Privatsphäre und Sicherheit schützt und ihre individuellen Bedürfnisse und Präferenzen berücksichtigt.
  • Die Nachhaltigkeit und Resilienz der deutschen Gesellschaft unterstützen, indem sie den Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung reduziert, die soziale Inklusion und Gerechtigkeit fördert, die digitale Bildung und Kompetenzentwicklung vorantreibt und die Anpassungsfähigkeit und Krisenbewältigung verbessert.

Um diese Chancen zu nutzen, ist es wichtig, dass die Digitalisierung der deutschen öffentlichen Verwaltung ehestmöglich und konsequent angegangen wird. Dazu braucht es eine klare Vision, eine starke Führung, eine breite Beteiligung, eine ausreichende Finanzierung, eine hohe Qualität, eine ständige Evaluation und eine kontinuierliche Verbesserung. Nur so kann die digitale Verwaltung zu einem Motor für den Wirtschaftsstandort Deutschland werden.

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